GUTES TUN – mit lauter leisen Klängen

Lux Nova Duo: Jorge Verástegui (Gitarre) und Lydia Schmidl (Akkordeon)

Übliches und neue Erfahrungen: Noch etwas Ausruhen. Häusliche Vorbereitung des Konzertereignisses. Nachrichten: Sperrung der Autobahn durch Brückensprengung. Mehrere Umleitungen. Aber doch nur etwas über eine Stunde als Anfahrt zum „Elphi“-Parkhaus – wie sonst auch. Ein angenehmes Abendessen mit Freunden der Technischen Hochschule Lübeck, mit der mächtigen Elbphilharmonie in Sichtweite schräg gegenüber. Es geht entspannt weiter: üblicher Garderobenbahnhof. Ein guter Sitzplatz im ausverkauften Saal und dem Programmheft in der Hand. Vorfreude auf das Lux Nova Duo. Lydia Schmidl Akkordeon und Jorge Verástegui Gitarre.

Konzertantes: Es geht nicht nur um Unterhaltung! Streichen wir den Wortteil UNTER, bleibt HALTUNG stehen. Wir sind auch dienstlich unterwegs. Der erste Teil des Konzerts ist eine Mischung aus Klassik und Moderne. Tonale und auch mehr oder weniger atonal gestaltete Musik. Beifall für den persönlich anwesenden Komponisten. Der große Applaus am Ende des ersten Teils spiegelte die Wertschätzung des Publikums wider. PAUSE. Typischer Meinungsaustausch zur Auswahl der Musikstücke. Geschmäcker sind unterschiedlich: gefällig oder nicht gefällig? Im zweiten Teil des Konzerts dann genussvoll zelebrierte experimentelle Klänge, mit der Gitarre und dem Akkordeon als percussive Instrumente. Ein finnischer Tango, gehaucht und instrumental getanzt, sorgte für amüsierte Spannung und staunendes Raunen. Die Reaktion des Publikums auf zeitgenössische Musik erschien nicht nur mir eher reserviert. Standing Ovations jedoch zum Finale belohnten das freudig strahlende Duo, das über 500 Zuhörerinnen und Zuhörer begeisterte! Als Dankeschön gab es noch eine bewegende Zugabe:

„Day after day  
Alone on a hill  
The man with the foolish grin is keeping perfectly still.…“

Alle Altersgruppen waren vertreten — erfreulich! Viele summten mit und die vertrauten Klänge der Beatles schufen eine verbindende Atmosphäre – zum Mit-nach-Hause-nehmen. Kurze Kontaktaufnahme im inzwischen leeren Saal, mit Lydia, Jorge, Detlef, Karina, Ariana, Rahael, Thorben und mir. Noch ein paar Fotos zum Ende einer unterhaltsam dienstlichen Reise.

Nachgedachtes: Warum sind wir oft nicht bereit, das Unbekannte, das gegen unsere Hörgewohnheiten steht, als gleichwertig oder gar wertvoller zu akzeptieren? „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“, wird gesagt! Ist Musik eine „Fremdsprache“? Es war inspirierend zu sehen, mit welcher Euphorie und Nachdenklichkeit auf der Bühne gerade auch das Fremde präsentiert wird. Nicht erzieherisch, sondern als Botschaft. Es ist paradox, dass wir in Bezug auf unsere Hörgewohnheiten manchmal nicht akzeptieren, dass etwas Anderes besonders schön und wertvoll sein kann. Wie können wir ungewohnte Botschaften vermitteln, wenn wir auch eindeutige Erkenntnisse nur mit kontroversen Diskussionen verdrängen? Im Kontext von Klima- und Umweltschutz wird allein schon das Wort „Verzicht“ oft als unattraktiv oder provozierend wahrgenommen. Ist das ein „atonales (Un-)Wort“? Wie klingt: „Hör mir bloß auf mit Nachhaltigkeit“! Die kontroversen Reaktionen in meinem Umfeld sind meist nicht böse gemeint, doch sie zeigen eine gewisse Abwehrhaltung. Sind die Herausforderungen, vor denen wir stehen, nicht signifikant genug, um Toleranz und Offenheit gegenüber Neuem zu fördern?

Der Klimaforscher Prof. Dr. Mojib Latif, der in musicaetcetera die Schirmherrschaft für unsere weltweit geplante Klimainitiative „CountOnMe“ übernommen hat, stellt eindrücklich fest: „Ich glaube, dass die Menschheit vor solch einer Herausforderung noch nie gestanden hat!“ Da zählt wirklich jeder einzelne Schritt und vielleicht auch tatsächlich soviel Toleranz und Vertrauen, eigene „Hörgewohnheiten“ oder „Verhaltensmuster“, zumindest zu hinterfragen. Das wird dann zur Bereicherung, wenn wir neben allen Grundvoraussetzungen und Bequemlichkeiten des Wohlstands auch unser Wohlergehen wesentlich höher und bereichernder einschätzen, mit mehr Einfachheit, mehr Nähe zur Natur, mehr Vernunft, viel mehr Verzicht oder „wer weiß nicht was“!? Nicht aus Trotz, sondern trotz der verständlich entmutigenden vielen negativen Nachrichten. Das ist nicht einfach – oder? — oder doch – und dauerhaft nur „den Kopf in den Sand“ stecken?

Suche nach Antworten: Es braucht Mut, das Risiko einzugehen, einen Teil des Publikums zu verlieren, wenn „Offenheit und Vielfalt“ mit populistischen Argumenten schlechtgeredet wird. Es gehört Haltung dazu, ganz bewusst trotzdem das Risiko einzugehen, bei einem normalen Konzert mögliche Einnahmeverluste zu haben. Bei einem Themenkonzert geht es schließlich darum, möglichst viele Adressaten zu erreichen, um mit diesen in einem wachsenden Netzwerk – zum gemeinschaftlichen Handeln – in einen dauerhaften Dialog zu kommen. Das geht mit gefälliger Musik zwar einfacher, aber es ist dadurch dann auch wirklich zu einfach und bewegt nicht wirklich viel!

Wir schätzen das Lux Nova Duo für ihre bemerkenswerte musikalische und menschliche Präsenz. Es ist sicher, dass viele im Publikum sich auch Jahre später noch an Einzelheiten dieser Veranstaltung erinnern werden. Wir freuen uns daher, das Lux Nova Duo in ihrer wichtigen Mission unterstützen zu können und blicken gespannt auf die nächsten Konzerte am 17.01.25 in Kellinghusen und am 15.04.25 im Bauforum Lübeck. Weitere werden folgen!

gez. Peter Wilckens

Jorge Verástegui, Lydia Schmidl, Peter Wilckens (musicaetcetera) und Detlef Hau (TH Lübeck, Bauforum)