Tag für Tag hoffen, leiden und sterben Menschen auf den Fluchtrouten unserer Welt, meistens abseits öffentlicher Aufmerksamkeit. Oft sind nicht einmal die Namen bekannt. Es ist ein Abend wider die Gleichgültigkeit: Die Veranstaltung mit Konzert und Lesung gedenkt der Opfer einer brutalen Realität.
Fast 50.000 Todesfälle hat das Netzwerk United for Intercultural Action für die Zeit seit 1993 dokumentiert: All diese Menschen starben nachweislich im Zusammenhang mit ihrer Flucht nach Europa. Die wenigsten von ihnen sind namentlich bekannt, und doch müssen wir einen Weg finden, die Erinnerung an sie aufrecht zu erhalten. Die Münchner Historikerin und Autorin Kristina Milz hat deshalb im Jahr 2018 gemeinsam mit der Berliner Schriftstellerin Anja Tuckermann zum Internationalen Tag der Menschenrechte die Liste der Toten als Buch herausgegeben und hinter den Zahlen einzelne Schicksale recherchiert. Im Buch beschreibt der Soziologe Stephan Lessenich in einem Gastbeitrag die Gleichgültigkeit, mit der dieser Katastrophe zunehmend begegnet wird: eine „Beziehung der Beziehungslosigkeit“, die es aufzulösen gilt. In der Veranstaltung „TotenKlage“ soll an die Verstorbenen erinnert werden – Menschen, die wegen ihrer Hoffnung auf eine bessere Welt abseits von Krieg, Verfolgung und Hunger ihr Leben verloren haben. Und das große Sterben unserer Zeit ist noch nicht zu Ende.
Zwei Weltkriege erschütterten die Menschheit im 20. Jahrhundert. Einige der größten Werke der Musikgeschichte wurden vor diesem Hintergrund komponiert. Nicht wenige von ihnen scheinen das Leid ganzer Generationen in sich zu tragen. Der Tod ist ein Motiv, das in den Stücken dieser Zeit immer wieder leitend hervortritt – als Endpunkt eines atemlosen Grauens, als ohnmächtige Leere oder als Erlösung, manchmal als all dies zugleich. Wo Worte an ihre Grenzen geraten, dort schafft oftmals allein die Kunst einen Raum des Verstehens. Die Lesung der Porträts der Toten wird begleitet von einer Musik, die einen Ort des Gedenkens schafft: Die Violinistin Danae Papamatthäou-Matschke und der Pianist Jakob Linowitzki spielen Werke von Maurice Ravel, Ernest Bloch und Sergej Prokofjew
Weiterlesen